Neuere Artikel ältere Artikel
Neuere Artikel                                                   06.02.2010                                                  Ältere Artikel


Fremdenrecht: Das Ende einer langen Reise
© Kurier.at

Für Tausende endet der illegale Aufenthalt in Österreich in Schubhaft. Ihre Vergangenheit ist oft tragisch und nicht selten kriminell.

Foto von Schubhäftlingen in ihrer Zelle
In den kargen Gängen riecht es nach heißem Fett: "Heute zu Mittag gibt es Huhn", sagt ein netter Herr in Uniform. Sein Chef, Oberstleutnant Diethmar Huber, ist Kommandant im Polizei-Anhaltezentrum - im Polizei-Jargon kurz "PAZ" genannt - am Wiener Hernalser Gürtel.

"Derzeit sind 149 Häftlinge da, maximal können wir 265 unterbringen", sagt Huber. Es sind fast ausschließlich Schubhäftlinge, die in "seinem" Haus untergebracht sind. 20 Plätze gingen erst kürzlich verloren - zugunsten der Insassen: Das Erdgeschoß wurde zum offenen Vollzug umgebaut. Das bedeutet: Die Zellen sind offen. Einige Häftlinge dösen in Betten vor sich hin, andere sehen fern. Im nächsten Raum kann man Tischfußball spielen - alles ist noch neu. In einem weiteren Raum steht ein Tischtennis-Tisch, die Tür zum Hof ist offen. "Hoppala! Hier fehlen noch die Schläger", sagt Huber.

Hungerstreik

Im ersten Stock befindet sich die Krankenstation - und der Trakt mit den Hungerstreikenden. Ihre Zellen sind versperrt, in einer liegt dämmernd ein Asiate, die anderen sitzen. "Hungerstreik kommt oft vor", sagt Huber: Er schätzt bei etwa 20 bis 33 Prozent der Häftlinge. Sie bekommen drei Mal täglich Essen angeboten und werden ärztlich betreut. Werden sie schwächer, bedeutet das Haftunfähigkeit - und Freiheit: "Die Leute gehen aber sozusagen aufrecht aus dem Haus, wir warten nicht, bis der Zustand kritisch wird." Eine Zwangsernährung wäre vielleicht theoretisch - und dann nur unter gewissen Umständen - möglich, praktisch komme sie aber nie vor.

Nur eine Zellentür ist in diesem Trakt offen - ein Entgegenkommen dafür, dass sich die Insassen bereit erklärt haben, ein paar Hausarbeiten wie etwa Aufwaschen zu erledigen. Ihre Zellen sind mit Postern geschmückt - die Häftlinge dürften Natascha Kampusch attraktiv finden, das Cover einer Illustrierten mit ihrem Bild hängt da.

Wie viele Häftlinge sich jährlich in die Freiheit hungern, ist unklar. Angeblich gibt es laut Innenministerium (entgegen dem KURIER zugetragenen Informationen, Anm.) keine Zahlen: Man könnte ja so potenzielle Schubhäftlinge auf einen Trick aufmerksam machen - der ohnehin kein Geheimnis ist. Wie in der Flüchtlingsbetreuung zu erfahren ist, hält die Hälfte der Hungerstreikenden durch. Somit dürfte sich eine beträchtliche Zahl an Häftlingen durch (gesundheitsschädigende) Hungerstreiks dem weiteren Verfahren entziehen.

Kriminalität

Günter Ecker, Chef des Vereins Menschenrechte, ist für die Betreuung der Schubhäftlinge zuständig. Im PAZ schätzt man, dass Pi mal Daumen die Hälfte der Schubhäftlinge eine kriminelle Vergangenheit haben - und sei es nur Ladendiebstahl. Sieht das auch Ecker so? "Wir nehmen schon wahr, dass es bestimmte Gruppen gibt, die nach Österreich kommen, um hier Straftaten zu begehen - hier ist das Asylverfahren ein Instrument, um an einen Aufenthaltstitel zu gelangen", sagt Ecker. "Das hat jetzt nichts mit einer Kriminalisierung von Asylwerbern zu tun, aber: Etwa bei Flüchtlingen aus dem Irak gibt es diese systematischen Erscheinungsformen, beispielsweise von Drogen- oder Eigentumskriminalität, nicht", sagt der Chef des Vereins Menschenrechte-Österreich.

Artikel vom 06.02.2010 15:33 | KURIER | Oliver Jaindl  zurück ...

 

 

Anschrift: Alser Straße 20/21+22, A-1090 Wien     Tel: +43 (1) 40 90 480    Fax: +43 (1) 40 90 480 -2      E-mail: wien@verein-menschenrechte.at      ZVR-Zahl: 460937540