- Foto: REUTERS/AZAD LASHKARI; Ein Iraker bei seiner Rückkehr auf dem Flughafen Erbil
Überfüllte Quartiere, lange Verfahrensdauern und wenig Aussichten auf eine baldige Familienzusammenführung – das sind die Hauptgründe, warum sich immer mehr Flüchtlinge für eine freiwillige Rückkehr in ihre Heimat entschließen.
Im Vorjahr entschieden sich 249 Asylwerber in Salzburg für eine Rückkehr in ihr Heimatland – deutlich mehr als in den Jahren davor. Österreichweit waren es 5.087.
Geradezu explodiert ist die Zahl der freiwilligen Rückkehrer aber erst heuer. Bis Mitte Februar zählte allein der Verein Menschenrechte 64 Rückkehrer in Salzburg – eine Verdreifachung gegenüber 2015. 20 Flüchtlinge haben ihre Rückkehr über die Caritas organisiert, ebenfalls eine deutliche Steigerung.
Die Kosten für die Rückreise übernimmt in der Regel der Staat. Im Jahr 2014 – aktuellere Zahlen liegen nicht vor – ließ sich sich der Bund die direkte Rückkehrhilfe (Beschaffung von Dokumenten, Linienflüge) 1,14 Mio. Euro kosten. Seit dem Jahr 2008 haben die EU und Österreich 26,5 Mio. Euro für die Rückkehrberatung und -vorbereitung durch den Verein Menschenrechte und die Caritas ausgegeben.
Millionen Euro für Heimkehrer-Programme
Der Staat finanziert Beratung, Flugtickets und Dokumente für freiwillig Heimreisende. Das ist billiger als Grundversorgung, Mindestsicherung und Abschiebungen unter Zwang.
Es sind vor allem Iraner, Iraker und Afghanen, die sich derzeit für eine freiwillige Rückreise in ihre Heimat entscheiden. Viele haben die Hoffnung auf einen positiven Asylbescheid aufgegeben, überfüllte Quartiere und verschärfte Bestimmungen beim Familiennachzug tun ihr Übriges dazu.
Durchgeführt werden die Rückreisen vom Verein Menschenrechte (VMÖ) und von der Caritas im Auftrag des Innenministeriums. In Salzburg traten im Vorjahr 249 Flüchtlinge aus eigenen Stücken ihre Heimreise an – heuer sind es nach nur eineinhalb Monaten bereits 84.
„Dieser Anstieg hat sich bereits ab Oktober 2015 abgezeichnet und ist auch auf die spezifische Situation Salzburgs als Transit-Endpunkt vor der deutschen Grenze zurückzuführen“, erklärt VMÖ-Geschäftsführer Günter Ecker. In der VMÖ-Geschäftsstelle Salzburg wird nun personell aufgestockt. Ab März werden ein zusätzlicher Berater und ein weiterer Zivildiener eingesetzt.
Startgeld ist Staatsgeheminis
Das Innenministerium bezahlt nicht nur den Flug, sondern legt – je nach den individuellen Umständen – mehrere Hundert Euro Startgeld obendrauf. Das kommt den Staat billiger als die Kosten für die Grundversorgung der Asylwerber oder die Mindestsicherung für anerkannte Flüchtlinge zu tragen.
Für Rückkehrberatung und -vorbereitung gab Österreich zuletzt jährlich zwischen 1 und 2,5 Mio. Euro aus. Gemeinsam gaben Österreich und die EU zwischen 2008 und 2013 satte 26,5 Mio. Euro für Rückkehr-Programme aus. Seit 2014 kann Österreich aus dem neuen Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) bis zum Jahr 2020 sogar 64,53 Mio. Euro „zur effizienten Steuerung der Migrationsströme“ abrufen. Allein für die Förderperiode 2015/2016 stehen knapp 4 Mio. Euro an EU-Mitteln für die Rückkehr sowie die Reintegration der Flüchtlinge in ihren Heimatländer zur Verfügung.
1,6 Mio. Euro für Tickets und Dokumente
Die direkte Rückkehrhilfe schießt der Bund aus Steuermitteln zu. Laut einer parlamentarischen Anfragebeantwortung von Innenministerin Johanna Mikl Leitner (ÖVP) gab Österreich im Jahr 2013 für Flugtickets und Dokumente 1,55 Mio. Euro aus. 2014 waren es 1,14 Mio. Euro. Zahlen für 2015 liegen noch nicht vor. Wie viel Geld man freiwilligen Rückkehrer bezahlt, wird als Staatsgeheimnis gehütet. „Das wäre nicht seriös, das variiert einfach zu stark“, gibt es von Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck dazu keine Information.
Richtig teuer sind die zwangsweisen Abschiebungen per Charterflugzeug. Ein von der europäischen Grenzschutzagentur Frontex durchgeführter Flug in den Kosovo schlägt mit 70.000 Euro zu Buche. Ein Charterflug in afrikanische Länder der Subsahara verschlingt bis zu 500.000 Euro.
Afrika-Flug mit Frontex: 500.000 Euro
Während im Vorjahr österreichweit 5.087 Flüchtlinge freiwillig zurückgingen, musste die Ausreise von 3.278 abgelehnten Asylwerbern mit „Gewalt“ durchgesetzt werden. Österreichs mit Steuergeld neu errichteten Schubhaftzentren sind dennoch spärlich besetzt. Wurden Flüchtlinge mit negativem Bescheid noch vor wenigen Jahren automatisch in Schubhaft genommen, bleiben sie heute bis zur ihrer Abschiebung auf freiem Fuß – und tauchen oftmals auch unter.
Gähnende Leere herrschte vergangene Woche auch im Salzburger Polizeianhaltezentrum in der Alpenstraße. „Um abschieben zu können, braucht man ein Land, das einem die Menschen auch abnimmt“, sagt ein Mitarbeiter des Polizeigefängnisses. Mit Ländern wie Marokko, Algerien oder Afghanistan hat Österreich nach wie vor kein Rücknahmeabkommen. Die EU verhandelt darüber teilweise seit zehn Jahren – und zahlt den Ländern, die ihre Bürger nicht zurücknehmen wollen, Milliarden an Entwicklungshilfe.
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Thomas Strübler | 24. Februar 2016