Drei Wiener Geschäftsmänner gründen eine eigene Airline für Abschiebungen. "Asylum Airlines" soll in ganz Europa tätig sein und Schubhäftlinge schnell und kostengünstig in ihre Heimat bringen. Wie das Geschäft mit der Abschiebung funktioniert. Von Brigitte Biedermann.
Das Projekt klingt sehr bizarr und nach einem schlechten Aprilscherz, ist aber Realität. Bald könnte auf dem Wiener Flughafen eine Airline mit dem Logo "Asylum Airlines" starten und landen. Drei Wiener Unternehmer witterten das große Geschäft. Ihr Auftrag: Wie können möglichst viele Asylanten, möglichst kostengünstig aus Europa abgeschoben und per Flugzeug wieder in ihre ursprüngliche Heimat gebracht werden? Die drei haben die Antwort darauf: Ein Flugzeug mit speziellem Interieur, kleinen Kojen, damit sich die Passagiere möglichst wenig bewegen können, Sitze mit Schutzbügeln wie in einem Sessellift, schaumstoffgepolsterte Lehnen statt Metall, eigen WC-Anlagen und vor allem möglichst wenig Begleitpersonal.
Dynamisches Trio
Die drei umtriebigen Geschäftsmänner wollen die personalintensiven und somit teuren Abschiebungen in Europa vereinfachen und preisgünstiger anbieten. Ein Geschäft mit der Ware Mensch. Die Idee zur Fluglinie hatte der Wiener Rechtsanwalt Hermann Heller, der unter anderem jene Polizisten verteidigte, deren gewaltsame Amtshandlung im Juli 2003 zum Tod von Seibane Wague im Wiener Stadtpark führte. Der zweite Mann ist Heinz Berger. Er ist im Flugbusiness für Skyhawk Germany tätig und stellt Flugzeuge aus dem Osten sowie deren Ersatzteile für Museen oder andere Projekte zur Verfügung. Der dritte im Bunde ist der Unternehmensberater Carl Julius Wagner, Österreich-Repräsentant des US-amerikanischen Hubschrauber-Herstellers Sikorsky Aircraft. Wagner hat unter anderem den Ankauf der Black Hawk Hubschrauber des Verteidigungsministeriums eingefädelt. Gerüchte um das Projekt grassieren schon seit zwei Jahren. Jetzt macht das Trio ernst. Heinz Berger: "Wir wollen unser Modell schon bald der Öffentlichkeit präsentieren." Für ein ausführliches Interview stehe er deshalb nicht zur Verfügung.
Das Geschäftsmodell
Im Jahr 2007 wurden aus Österreich insgesamt 169 Personen in 19 Chartermaschinen abgeschoben. 2006 waren es 70 Personen in 13 Flugzeugen. Am häufigsten gehen die Flüge nach Nigeria, Georgien, Armenien und in den Kosovo. Im Innenministerium werden drei Arten von Abschiebungen unterschieden. Erstens: die freiwillige Rückkehr. Bei dieser Variante bucht die Fremdenpolizei ein Flugticket bei Austrian Airlines, Lauda Air oder einer anderen Linie – und schickt den Abgeschobenen alleine zurück. Bei der beobachteten Ausreise werden die Asylanten von der Polizei zum Flugzeug gebracht und fliegen ebenfalls alleine zurück. Dritte Variante: die Problemabschiebung. Ein Problem gibt es dann, wenn sich der Asylant der Ausreise widersetzt. Drei speziell geschulte COBRA-Beamte begleiten dann den Flug, zusätzlich müssen ein Arzt und ein Menschenrechtsbeobachter an Bord sein. Die übrigen Passagiere sollen von der Abschiebung so wenig wie möglich mitbekommen.
Menschen keine Container
Günter Ecker vom Verein für Menschenrechte ist einer dieser Flugbegleiter: "Für mich hat diese Idee keine großen Erfolgsaussichten. Problematische Abschiebungen per Flugzeug sind ein heikler und hochsensibler Bereich", so der Menschenrechtler. "Die Betreiber interessiert es nur marginal, wie es dem Abzuschiebenden geht. Menschen sind ja keine Container." Ecker übt auch Kritik am Einsatz der geplanten Sessellift-Schutzbügel. "Das ist für mich wirklich nur schwer vorstellbar." Seine Vermutung: "Der Personalaufwand bei der Charterabschiebungen des Ministeriums ist sehr hoch. Da wollen die Betreiber sicher einsparen."
Europäische Lösung
Geld verdienen lässt sich nur mit den Abschiebungen aus Österreich keines. Bei 179 Personen pro Jahr wären wohl nicht einmal annähernd die laufenden Kosten des Fluges gedeckt. Also muss eine europäische Lösung her. Auch im Innenministerium ist man in Sachen Abschiebung laufend mit anderen europäischen Ländern in Kontakt. In den letzten Jahren erfolgten Kooperationen mit Polen, Frankreich und Italien. Oberst Rudolf Gollia, Sprecher des Ministeriums: "Bei der Ausreise von 15 Schubhäftlingen wird kein eigenes Flugzeug gechartert. Es kommt beispielsweise eine Maschine aus Polen, in der schon 20 Flüchtlinge sitzen. In Österreich steigen weitere hinzu, die dann zum Beispiel nach Nigeria gebracht werden." Könnte sich das Ministerium vorstellen, mit "Asylum Airlines" zusammenzuarbeiten? Gollia: "Bei Charterabschiebungen arbeiten wir in der Regel mit privaten Fluglinien zusammen. Zu diesem Projekt will ich keine Bewertung abgeben. Das Angebot muss leistbar und ökonomisch sein." Für eine einwandfreie Bilanz sorgt sicher das Asylum Airlines-Trio.© weekend-magazin Nr. 13 vom 28./29.06.2008
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