Abgewickelt werden diese Rückreisen vom Verein "Menschenrechte" im Auftrag des Innenministeriums.
Die Bundesregierung will bis zum Jahr 2019 mindestens 50.000 Flüchtlinge aus Österreich abschieben. Ob gewollt oder ungewollt stecken in dieser Ankündigung zwei Ungenauigkeiten. Erstens sind in dieser Zahl nicht nur Abschiebungen, sondern auch freiwillige Rückreisen inkludiert. Sie überwiegen zahlenmäßig schon heute deutlich. Zweitens kann eine konkrete Zahl nur eine Schätzung sein, da in Österreich Gerichte in Einzelfallprüfungen und nicht Politiker zu entscheiden haben, ob ein Asylwerber ein Aufenthaltsrecht erhält. Zudem sind Abschiebungen nicht immer möglich und die Handlungsoptionen der Regierung, dies zu ändern, eingeschränkt. Im Vorjahr haben 8365 abgelehnte Asylwerber Österreich wieder verlassen. Die meisten, 5087, sind freiwillig in die Heimat zurückgekehrt. Abgewickelt werden diese Rückreisen vom Verein "Menschenrechte" im Auftrag des Innenministeriums.
Wie Geschäftsführer Günther Ecker erklärt, ist der Bedarf an freiwilligen Rückreisen massiv gestiegen. Im Jänner wurden 347 Rückkehren organisiert, doppelt so viele wie üblich. Die Hauptdestination war mit Abstand der Irak, gefolgt vom Iran sowie Afghanistan. Als Grund für die Zunahme nennt Ecker enttäuschte Erwartungen der Flüchtlinge: überfüllte Quartiere, lange Verfahrensdauern, kaum Möglichkeiten, die Familie nachzuholen. Nur selten haben Asylwerber aber die finanziellen Mittel für einen Rückflug. Dann prüft das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), ob es für Rückflug sowie eine Starthilfe aufkommt. Die Starthilfe beträgt maximal 370 Euro und soll laut Regierungsbeschluss auf 500 Euro erhöht werden. Der Durchschnitt der Zahlungen liegt deutlich darunter und dient dazu, die ersten Tage in der Heimat durchzukommen.
Wenn ein Flüchtlinge keine Dokumente besitzt, dann braucht es Heimreisezertifikate, die von den jeweiligen Botschaften auszustellen sind. Deren Bereitschaft dazu ist unterschiedlich. Die afghanische Vertretung ist bei der Bearbeitung schnell, aus Marokko und Algerien sind diese Zertifikate kaum zu erhalten. Wichtig ist die Mitwirkung des Flüchtlings bei der Identitätsfeststellung.Eine Abschiebung ist immer eine Zwangsmaßnahme, die zur Anwendung kommt, wenn einer Aufforderung, Österreich zu verlassen, nicht nachgekommen wird. Hier ergeben sich zwei Probleme: Einerseits können Personen untertauchen, was aber meist schon passiert, noch ehe ein Verfahren negativ beschieden ist. Vermuten lässt sich, dass diese Personen illegal ausgereist sind, etwa in Richtung Deutschland. Zweitens sind Staaten nur verpflichtet, eigene Staatsbürger zurückzunehmen, wenn diesen eine Identität zugewiesen werden kann. Das ist häufig nicht der Fall, zudem wirken nicht reisewilligen Personen selten an der Identitätsfeststellung mit. Rücknahmeabkommen können daher nur bedingt helfen, etwa die grundsätzliche Bereitschaft einiger Länder erhöhen. Dennoch benötigt jeder Reisende auch mit solchen Abkommen nach wie vor ein persönliches Reisedokument.
Die EU verhandelt derzeit mit nordafrikanischen Staaten solche Abkommen, weshalb Österreich keine Parallelverhandlungen führen dürfte. Man könnte zwar versuchen, mit einigen Staaten die Rücknahme einer bestimmten Anzahl von Asylwerbern zu vereinbaren, wie dies Deutschland etwa mit Marokko versucht. Experten bezweifeln aber, dass Österreich Angebote legen kann, die für Marokko attraktiv genug wären (etwa ausreichend Studenten-Visa). Laut Ecker seien 50.000 Außerlandesbringungen bis 2019 aber trotzdem realistisch. Er erwartet, dass die Anzahl freiwillig Rückkehrender noch deutlich zunehmen wird.Klar ist aber: Wenn abgelehnte Asylwerber untertauchen oder ihre Identität verbergen, werden auch in Zukunft Abschiebungen schwer möglich sein.
© Wiener Zeitung
2. Februar 2016